„Bücher öffnen Welten“ versprechen große bunte Lettern seit Schuljahresbeginn auf den Fenstern über dem Haupteingang des Europa-Gymnasiums. Unsere Siebtklässler haben sie zum Auftakt des diesjährigen Schüleraustausches mit dem Collège Lucie Berger gestaltet, um auf das Motto ihrer beiden Austauschwochen hinzuweisen. Unsere französischen Gäste hielten sich vom 9.-13. Oktober in Wörth auf, der Gegenbesuch in Strasbourg fand vom 14.-19. April statt.

Unsere Projektarbeit begann im Herbst mit einer Zeitreise in die Vergangenheit. Nach dem Vorbild der alten Ägypter fertigten wir Papyrusrollen an, um sie später mit Hieroglyphen zu verzieren. Aber wie entschlüsselt man die alte Bilderschrift? Diese Frage führte uns auf die Spuren des Franzosen Champollion, der schon als Kind beschlossen hatte, den Code zu knacken. In der Rolle kleiner Nachwuchsjournalisten interviewten wir mit unseren Austauschpartnern den weltberühmten Jean-François Champollion. Es entstanden Kurzfilme von dieser Begegnung. Das dabei erworbene Wissen sollte anschließend helfen, nachgebildete Rosetta-Steine selbst zu dechiffrieren. Eine harte Nuss. «Chapeau, Monsieur Champollion!» Kurzweiliger war das Basteln bunter Spaßbrillen, mit denen wir auch gleich erste Erinnerungsfotos mit unseren Corres schossen.

Ein gemeinsamer Ausflug führte uns nach Mainz und zu Johannes Gutenberg, einem mittelalterlichen Influencer. Gab es die damals schon? Natürlich nicht, nicht im heutigen Sinne. Aber Gutenberg hat mit der Erfindung der beweglichen Lettern seinerzeit eine Medienrevolution in Gang gesetzt, deren weitreichende Folgen sich mit denen der Digitalisierung vergleichen lassen. In unserer Sprache also ein Influencer mit großer Reichweite. Im Gutenberg-Museum konnten wir alte Druckerpressen bestaunen und wurden sogar in die Schatzkammer geführt, wo Bücher unschätzbaren Werts ausgestellt sind. Schließlich wurden wir selbst künstlerisch aktiv und gestalteten in einem Atelier mit Feder und Tusche Bibelseiten. Unsere französischen Freunde probierten sich zeitgleich im Druckladen aus.

Da Strasbourg von der Unesco für 2024 zur „Welthauptstadt des Buches“ ernannt worden ist, begleitete uns das Thema Buch auch beim Gegenbesuch im April. Aber Strasbourg ist natürlich auch die Stadt, in der europäische Politik gestaltet wird. Und so hatte Madame Jordan für uns und die französische Austauschklasse gleich am ersten Tag eine Führung durch das Europa-Parlament organisiert. Ein imposantes Gebäude aus Glas, Stahl und Sandstein, dessen Architektur mit der unfertig erscheinenden Fassade versinnbildlicht, dass das Haus Europa noch nicht zu Ende gebaut ist. Beeindruckend war für uns auch der Blick in den Plenarsaal, mit seinen 750 Sitzen der größte in Europa! Unzählige Übersetzer sorgen hier im Schichtsystem dafür, dass jeder Abgeordnete versteht, was seine europäischen Kollegen in ihrer Sprache schildern, kritisieren oder fordern. Wir erfuhren zudem, dass die nächste Wahl der Abgeordneten unmittelbar bevorsteht, nämlich vom 6.-9. Juni.

Nach so vielen Eindrücken tobten wir uns auf einem Spielplatz in der nahegelegenen Orangerie aus und picknickten gemeinsam, bevor es zu Fuß zur Schule unserer Austauschpartner ging, von der wir bei einer Rallye einen ersten Eindruck bekamen. Die Schulklingel fanden wir besonders lustig, da wir sie anfangs gar nicht für eine solche hielten. Statt eines schrillen Signaltons tönte die Titelmusik aus Mission impossible über den Pausenhof. Das würde manch einem von uns in Wörth auch gefallen. Am Nachmittag ging es aber erst einmal zurück zu unseren Austauschfamilien. Es gab ja soviel zu entdecken, vielleicht sogar zu beachten: Schneidet man den Käse wirklich wie eine Torte? Und ist es tatsächlich „ein Unding“, beim Essen große Salatblätter zu falten oder gar zu schneiden, wie wir es aus Videos und Lehrbuchtexten im Unterricht erfahren hatten? Eigentlich waren wir schon müde von den Eindrücken des Tages und dem Wetterumschwung. Der April machte seinem Namen in Sachen Unbeständigkeit alle Ehre. Am Esstisch übrigens Entwarnung: Ce n’est pas la fin du monde, si l’on coupe la salade. ;-)

Am zweiten Tag ging es mit den Corres und dem Bus nach Sélestat in die Bibliothèque humaniste. Ateliers zu Kalligraphie und Glasmalerei sowie eine Führung durch die Sammlung der Bibliothek und eine weitere durch die Stadt standen auf dem Programm. Auch in Sélestat hatte es am Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit einen Pionier der Medienrevolution gegeben: Beatus Rhenanus. Seine Bibliothek mit all ihren Schätzen, die er der Stadt Sélestat vermacht hat, zählt heute zum Weltkulturerbe. Und das durften wir vor Ort bestaunen. Am Nachmittag waren die Bleiglasfenster im Chor der Sankt-Georgs-Kirche ein Highlight bei der Stadtbesichtigung, als die Sonne, die sich sonst sehr rar machte, den roten Drachen plötzlich in Szene setzte, den der Namensgeber der Kirche getötet haben soll. In Szene gesetzt und unwiderstehlich waren auch die Macarons in den Schaufensterauslagen der Patisserien, nur wenige Meter davon entfernt. Unter Einsatz unserer Sprachkenntnisse landeten sie entweder als Geschenk verpackt in unseren Taschen oder als Kostprobe in unseren Bäuchen.

Am Mittwoch hatten unsere Corres nur eine Stunde Unterricht, so dass wir sie beizeiten wieder nach Hause begleiten und den Nachmittag für gemeinsame Unternehmungen nutzen konnten. „Wir haben uns mit anderen getroffen und Fußball gespielt“, erzählt Flinn. Den Mittwoch fanden, wie Antonia, die meisten gut, da „wir viel Zeit mit unseren Austauschpartnern verbringen konnten.“ Auch Zeit zum Shoppen in der Innenstadt blieb. Und immer wieder tauchte majestätisch das Münster auf, das mit seinen Rosettenfenstern über dem Portal manch einen zum Besuch nach innen lockte.

Der Donnerstag begann leider verregnet und kalt. Tapfer liefen wir durch die Gässchen im Gutenberg-Viertel, um die Fragen einer Rallye zu beantworten. Als Belohnung spendierten die Lehrer im Anschluss für alle eine Runde auf dem Karussell. Die Stimmung war so prächtig, dass wir Kälte und Regen im Nu vergaßen und mit unserer guten Laune die Sonne für den Nachmittag herauslocken konnten. Während unsere Corres in den Unterricht zurückmussten, erkundeten wir die historische Altstadt weiter. Das Münster hatten wir uns vorgenommen, genauer gesagt, den Aufstieg auf die Plattform. Unterwegs wurde einigen ganz schön mulmig. Wer Höhenangst hat, sollte auf dem Weg nach oben auf keinen Fall aus den Fenstern schauen. „Mir wurde beim Aufstieg schwindlig“, erinnert sich Eleasar. Am Ende haben wir es alle geschafft und waren so stolz auf uns. Das traditionelle Gruppenfoto spricht Bände, auch wenn die Sonne schon wieder hinter dunklen Wolken verschwand und es kurz darauf regnete.

Der Freitagvormittag war der kreativen Arbeit gewidmet. Unter Anleitung der Künstlerin Lili Tarentule gestalteten wir mit unseren Austauschpartnern zu zweit eine Seite zu unseren Lieblingsbüchern. Lili, die mit Rat und Tat zur Seite stand, wird die entstandenen Kunstwerke für uns zu einem Erinnerungsbuch binden, auf das wir schon gespannt sind. Nach der Projektarbeit machten wir uns auf zur abschließenden Bootsfahrt auf der Ill. Während es draußen leider weiter regnete, waren wir unter Plexiglas geschützt und ließen uns die gute Stimmung nicht verderben. „Die Bootsfahrt hat mir gut gefallen. Sie war sehr witzig“, erzählt Lea. Außerdem freuten wir uns schon auf unsere Familien, denen wir nach einer Woche viel zu erzählen hatten.

Bücher öffnen Welten. Und wer eine Reise macht, hat viel zu erzählen. Manchmal soviel, dass es wiederum Bücher füllen könnte: „Mir gefiel das alles SUPER. Der beste Austausch jemals“, meint Kilian. „In meiner Familie waren alle nett. Wir hatten unglaublich viel Spaß.“ „Man lernt bei einem Austausch vieles, was man im Unterricht nicht lernt“, fügt Clara-Marie hinzu. Elias berichtet: „Das Europa-Parlament und der Aufstieg aufs Münster waren cool, weil ich sowas nicht oft mache. Die Bootsfahrt war auch toll, aber man hat durch den Regen leider nicht so viel gesehen. Die Seite fürs Erinnerungsbuch zu gestalten hat mir auch Spaß gemacht.“ Ganz ähnlich sieht es Klara: „Das Tollste an meinem Austausch zum Thema ‚Bücher öffnen Welten‘ war der Besuch im Europa-Parlament, wo wir sogar in den Plenarsaal gehen durften. Sehr interessant fand ich auch das Schreiben mit einer Feder und das hautnahe Erleben des Alltags in einer anderen Familie.“ Wir blicken zurück auf zwei erlebnisreiche Austauschwochen.

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